Samstag, 1. September 2012

Der Gemeine Hohlzahn – Wegbereiter für artenreiche Blumenfluren

Wer  schon versucht hat, einen Rasen oder eine normale Wiese in eine Blumenwiese oder in eine Blumenflur zu verwandeln, hat erlebt, wie schwierig das ist bzw. wie viele Jahre Geduld es braucht, bis die alles dominierenden Gräser den Wiesenblumen und Kräutern Platz machen. Viele werden bei ausbleibendem Erfolg vorzeitig abbrechen und die Wiese wieder regelmässig mähen. Doch halt! Es gibt in der Pflanzenwelt Spezialisten, welche sich auch gegen zähe Grasdecken durchsetzen. Dazu gehört der Klappertopf. Wer Klappertopfsamen in eine Wiese streut und sie im darauffolgenden Jahr nicht mäht, kann sich Ende Mai bereits  an den blassen gelben Klappertopfblüten erfreuen. Nach der Samenreife im Juli verdorren die Pflanzen, so dass für den Rest des Sommers und bis zum nächsten Frühjahr wiederum das Gras die Wiese beherrscht – falls nicht der Gemeine Hohlzahn (Galeopsis tetrahit) jetzt an die Stelle des Klappertopfs tritt. Der Gemeine Hohlzahn bleibt bis im Juli im Gras relativ unauffällig und klein, bis die Pflanzen im August plötzlich in die Höhe schiessen, sich breit verzweigen und eine regelrechte Blumendecke über die Graslandschaft legen. Die ährigen Blütenstände blühen Quirl um Quirl mit violetten bis weissen Blüten über mehrere Wochen ab. Die Samen werden gerne von Finken aus den stachligen Kelchen gefressen, weshalb eine grössere Hohlzahn-Flur ganze Vogelschwärme anziehen kann. Auch Nektar sammelnde Wildbienen und Schmetterlinge besuchen die Blüten fleissig. Im Schatten der Hohlzahn-Flur wird das Gras lückig und der Boden locker. Damit verbessern sich rasch die Lebensbedingungen für andere Blumen, beispielsweise für Taubnesseln, Glockenblumen, Malven oder Akelei, aber auch für eingepflanzte Pfingstrosen oder Lenzrosen. Wo der Gemeine Hohlzahn störend überwiegt, können die Pflanzen problemlos mit der ganzen  Wurzel aus dem Boden gezogen werden. Doch auch ohne Eingreifen stellt sich mit den Jahren von selbst eine grössere Artenvielfalt ein. Der Gemeine Hohlzahn ist eine überaus nützliche, hübsche und absolut kostenlos zur Verfügung stehende Wegbereiterin bei der Umwandlung von Einheitsgrün in blühende Wiesen.  Zur Ansiedelung einfach die an einem anderen Fundort in der Natur gesammelten Hohlzahn-Samen ausstreuen oder warten, bis die Besiedelung spontan erfolgt. Die einzige Voraussetzung für das Gelingen ist, dass die Pflanzen ab Mitte Mai einigermassen ungestört aufwachsen und sich danach versamen können.



1 Kommentar:

  1. Vom Klappertopf zum Wald-Zist, das tönt für mich fremd und lautmalerisch, onomatopoetisch also. Das Bild aber, dass sich beim Lesen des Textes vor meinen Augen bildet ist blumig wie der Text und in meiner Vorstellung spriesst alles mögliche in einem ursprünglich unscheinbaren Stück Wiese. Verführerisch die Beschreibung, die einem suggeriert, man müsse fast nichts - das dann aber richtig - tun, damit man ein kleines Blumenparadies auf seiner eigenen Wiese spriessen lassen kann.

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