Mittwoch, 17. August 2011

Viele Grüsse aus Oregano

In meinem Garten blüht ein Meer von Oregano. Er heisst auch Wilder Majoran: Gewürz, Heilpflanze und Teepflanze in einem. Die blühende Pracht und der Duft erinnern mich an Ferien im Süden. Ich frage mich: Was wächst eigentlich noch auf unseren Schweizer Wiesen? Was würde wachsen, wenn man eine Wiese einfach in Ruhe lassen würde?  Vor einigen Jahren habe ich von einem Stück Wiese in unserem Garten die Grasnarbe und die obere nährstoffreiche Bodenschicht abgetragen. Die neue braune Fläche wurde zum „Naturschutzgebiet“ deklariert, welches fortan sich selbst überlassen werden soll. Bald hatte sich die nackte Erde wieder begrünt. Hohe Gräser und Klee wuchsen in die Höhe, legten sich bei den ersten Sommergewittern nieder und machten danach bis zum Herbst keinen wirklich gepflegten Eindruck. Ich blieb stark, hielt meinen inneren Saubermann zurück und verzichtete auf den erlösenden Durchgang mit dem Rasenmäher. Was sich dann in den folgenden Jahren auf dem Flecken abspielte, gleicht einem spannenden Theaterstück. Das anfangs noch dominante Gras hatte immer mehr gegen die sich ausbreitenden Blumen zu kämpfen. Es waren immer wieder andere Blumen, welche die Bühne beherrschten. Schotenklee, dann Klappertopf und viele andere. Schliesslich siedelten sich einige Oregano-Pflanzen an. Dass Samen von einem nahe gelegenen Kräuterbeet dorthin gelangen konnten, lässt sich nachvollziehen. Die erfolgreiche Verbreitung des Oreganos über die ganze Fläche und über weite Teile unseres Gartens war aber eine grosse Ueberraschung. Heute ragen die schönen lilafarbenen (und selten auch weissen) Oregano-Blüten auch aus Heckenrändern und Böschungen. Sie ziehen eine fast unglaublich grosse Schar von Wildbienen an. Ich wundere mich, wo so viele Wildbienen plötzlich herkommen, und wo sie waren, als das Oregano-Feld noch nicht da war. Am Beispiel meiner Oregano-Flur sieht man: Wiesen, Wegränder und Gehölzränder müssen nicht unbedingt eintönig grün sein. Böschungen und Parkplatzränder müssen nicht mit Einheits-Bodendecker bepflanzt sein. Die Natur hat spannendere und farbenfrohere Lösungen parat. Natürliche Blumenfluren brauchen Zeit, sich zu entwickeln. Wer sie erleben möchte, muss ihnen (und sich selber) diese Zeit gönnen und gelassen abwarten können, was passiert, so wie in den Ferien, um dann einmal zu schreiben: „Viele Grüsse aus Oregano!“


5 Kommentare:

  1. Lieber Kuschi

    Esther hat mich auf Deinen Blog aufmerksam gemacht, Deine Texte sind Balsam für die Seele. Die schwarzen Johannisbeeren von Dir, die ich mit ins Bündnerland genommen habe, haben sich um ein ehemaliges Bienenhäuschen herum schön eingelebt.

    Beim Bienenhäuschen ist ein Wiesenhang den ich nutzen darf. Er ist vor allem Erholungsgebiet für viele, Insekten, Amphibien, Hund und ich, und viele viele Pflanzen. Schon letztes Jahr war die ehemalige Obstbaumwiese, die Bäume wurden im Zuge der Melioration (sollte ja Verbesserung heissen) gefällt worden, recht artenreich. Gemäht wurde die Wiese letztes Jahr nur im September. Dieses Jahr sind noch viel mehr Pflanzen eingewandert, ich kenne die mit Namen gar nicht, zum Teil aber hab ich eine Ahnung von ihrer Persönlichkeit bekommen. Und dann die Schmetterlinge. Viele, viele Sorten, dazu eben Blindschleichen, Frösche, Erdkröten, Käfer und Vögel. Wunderbar! Dieses Jahr empfahlen mir die Nachbarn das Gras doch früher zu mähen damit es nicht zu zäh ist. Doch da waren die Raupen, die durch den Hang wanderten auf der Suche nach ihrem optimalen Verpuppungsplatz. Also lies ich es sein. Und jetzt sind, wie schon letztes Jahr, wieder die Grasmilbenjungs- und -mädels da. Keine Chance mehr unversehrt durch die Wiese zu gehen. Ich bin wie letztes Jahr schon total zerstochen von Kopf bis Fuss.

    Ein Teil in mir sagt: Kampf den Grasmilben. Aber ein anderer Teil will auf diesem Flecken Erde Frieden. Was soll ich nur machen. Heute hab ich erfahren, dass sich die Grasmilben gerne auf Obstwiesen aufhalten. Soll ich froh sein, dass die Bäume nicht mehr da sind? War nahe dran wieder neue zu pflanzen. Eine Idee ist, Schafe zu halten und sie das Gras abfressen zu lassen. Meinst Du das wäre zu Ungunsten der Tier- und Pflanzenwelt da? Schon, oder?

    Es lebe das Leben! Grüsse aus den Bergen
    Christa

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  2. Liebe Christa. Besten Dank für deinen Kommentar und die Fragen. Auf Blumenwiesen entwickeln sich je nach Schnittzeitpunkt die einen oder die anderen Pflanzenarten besser. Es gibt ja auch schöne artenreiche Heuwiesen und Bergweiden. Schafweiden sind eher grasreich und artenarm, besonders wenn die Schafe über längere Zeit auf der Weide bleiben und allenfalls zu nagen beginnen. Obstbäume sind eine gute Investition für die Zukunft. Nicht von den Grasmilben abhalten lassen, die Obstbäume zu pflanzen. So viele wie in diesem Jahr sind's ja nicht immer. Nicht vergessen, die kleinen Obstbäume gegen Mäuse und Rehe zu schützen. Ich wünsche dir dabei viel Glück und ausserdem viel Lebensfreude in deinem schönen Berggebiet. Andreas

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  3. Ja, Obstbäume sind eine Investition für die Zukunft, wie auch die Johannisbeersträucher. Und viele essen gern davon. Eine fast noch bessere Investition in die Zukunft ist das Kennenlernen von Wildobst wie z.B. die Vogelbeere.

    (Diese Grasmilben lieben mich leider heiss. Das kannst Du Dir kaum vorstellen. Wie sag ich ihnen nur sie sollen sich etwas mehr anpassen? Sind sie asozial?)

    Grüsse von da wo es nach Quendel duftet
    Christa

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  4. Oder bin ich selber asozial?

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  5. Die Natur zulassen - dann erst wird es wirklich spannend und braucht erst noch viel weniger Aufwand. Die gewonnene Zeit kann dann wieder verwendet werden, um genau diese Entwicklung der Natur zu beobachten, um sich mit ihr zu verbinden und um sich so als ein Teil des Ganzen zu spüren.

    Jakob

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